Auto oder Bahn? Das war meine Frage
Ein Selbstversuch im Rhein-Main-Gebiet
Fahr mit öffentlichen Verkehrsmitteln sagten sie! Das ist zeit- und spritsparend, Das schont die Umwelt, den Geldbeutel und die ´Nerven… haben sie gesagt.
Nachdem ich wieder mal auf der A3 stand und es auf Höhe des Flughafens nicht weiter ging, dachte ich mir, ich versuche es mit der Bahn. Ich total genervt und gestresst.
Mit Blick auf die Uhr dachte ich mir, mit der S-Bahn wärst Du schon in Frankfurt am Hauptbahnhof und würdest umsteigen. Ich muss das mal testen. 3 Monate lang. Jetzt im Winter war ein guter Zeitpunkt.
Gedacht, getan. So ging ich zum Zeitschriftenladen und holte mir eine Monatskarte….uff…232,- Euro. Aua.
Benzin verbrauchte ich „nur“ für 150 Euro. Nun ja, immerhin schonte ich damit das Auto. Von täglich 90 km auf 9 km runter.
Entspannt in den Zug, in 6 Minuten nach Hanau, schnell in den Zug um 6:23 zum Flughafen, rüber auf’s andere Gleis und ab zum Ziel. Insgesamt 60 Minuten, das hört sich gut an.
Naja, nicht wirklich gut, nennen wir es akzeptabel.
So mach ich das!
Die Ernüchterung folgte schnell. Zug Nr. 1 war meistens so langsam, dass man den „Flughafenzug“ nicht erreichte, oder der Flughafenzug ausfiel.
Ok, Plan B, also rüber auf Gleis 2 und in die S-Bahn. 55 Minuten Fahrtzeit. Und wenn man den Flughafenzug doch bekam war er so voll, dass man stehen musste oder auf einem Notsitz gequetscht saß, so dass es mit Lesen nicht weit her war.
Das war der Vorteil der S-Bahn, die jedoch 15 Minuten länger benötigte.
Nachdem es nur stressig war, den 6:23er zu bekommen, wurde Plan B Alltag.
Es dauerte länger, war aber entspannter und ich hatte immer einen Sitzplatz.
Ich machte mich immer ganz breit, denn an der nächsten Station stieg jeden Morgen ein Typ ein, der seine Jacke aufhängte, die Schuhe auszog, die Füße auf den Sitz gegenüber legte und sich seine Serie anschaute, und erst eine Station vor mir ausstieg. Er belagerte auch noch Sitz Nr. 3 in der 4-er Sitzgruppe – für seinen Rucksack – natürlich.
Der saß mal neben mir – ich brauch das nicht nochmal. Seitdem hab ich immer 2 Sitze belagert- bis er eingestiegen war und es sich bequem gemacht hatte.

Ich fuhr um 5:58 morgens weg und war um 7:40 an meinem Arbeitsplatz. Wenn es keine Verspätung gab. Ganz schön viel Zeit.
Ok, bei einem spannenden Buch, ging die Zeit schnell rum, aber oft war man auch zu müde zum Lesen..aber nur nicht einschlafen, dann wäre die Endstation Wiesbaden. Schön, aber viel zu weit.

Mit dem Auto fuhr ich um 6:45 los und war etwa 7:40 dort. (Wenn kein Stau war… aber der ist ja fast immer. Jeder der täglich über die A3 muss, weiß wovon ich rede)
Das Schlimme jedoch kommt erst, wenn man nach hause will. Das ist der Höllentrip durch die Tunnel Frankfurts. Immer in der Hoffnung, dass alles gut geht und man zeitig nach hause kommt.

Nur nicht an einem Bahnhof am Arsch der Welt stehen. Z.B. in Rüsselsheim oder Offenbach Ost.
Aber Alltag war:
Ausfälle, Verspätungen von S8 und S9. Ehrlich gesagt, wusste ich nie, in welcher der beiden ich mich befand, fuhren die gleiche Strecke und wenn man sehr spät war, wurde auch schon mal aus der S8, eine S9 auf den Anzeigen der S-Bahn.
Irgendwelche Stellwerke, die regelmäßig und gerne ausfielen, Polizeieinsätze… es gibt immer einen Grund, warum man den Anschlusszug nicht bekommt. Also muss man was? Genau, die S-Bahn 15 Minuten früher nehmen, was zur Folge hat, dass man eine Weile in Frankfurt oder Hanau rum steht. Und wenn der Anschlusszug Verspätung hat oder ausfällt, steht man manchmal ganz schön lange in der Kälte herum.
Und wenn man gerne steht kann man sich freuen, denn oft steht man danach noch länger, weil der dann endlich kommende Zug so voll ist, dass man den ganzen Weg auch noch stehen muss. Für 232 Euro um Monat. Ein teures „Steh dich ein“.
Dazu vermisste ich schrecklich meinen von mir liebevoll zubereiteten Coffee to go im Auto, mein lautes Musik hören, dass die Karosserie vibrierte und mein schiefes Mitsingen, alleine sein… nur mein Kaffee, die Musik und ich.
Alleine ohne diese Menschenmengen um mich rum.
Und die morgendlichen Bahnhofzombies. Es waren jeden Morgen (natürlich die gleichen Menschen da. Es gab die, die „Guten Morgen“ sagten und sich auch unterhielten und die, die nie etwas sagten, auch nicht, wenn man sie grüßte. Sie grüßten nie und niemanden zurück. Ich fragte mich schon, was muss solchen Menschen widerfahren sein, dass man so wird?
Die die sich unterhielten hatten jeden Tag das gleiche Thema: Die Zugverspätungen und Ausfälle vom Vortag. Die Bahn sorgte dafür, dass der Gesprächststoff nicht ausging.
Und mir dämmerte schnell: Also, damit wirste aber auch nicht glücklich!
Und dann waren da noch die Stinkezombies:Nach Schweiß stinkende Männer, nach billigem Parfum- extrem überdosiert- riechende Menschen, meistens ebenfalls Männer. Mundgerüche, der einen würgen lassen.Ebenso aufdringliche Bettler, die unverschämt werden, wenn man ihnen nichts gibt.
Man kann nicht allen etwas geben. Klar gab ich mal 2 Euro, oder einem, der einen angefressenen Cheeseburger aus dem Mülleimer holte, und reinbiss auch mal mehr. Aber man kann nicht ständig Geld geben, es hilft ja auch nicht wirklich, sondern nur kurzfristig. Und wenn es nur für ein Bier war um dieses Elend eine Weile besser ertragen zu können, was ich auch verstand.
Und diese Bakterienschleudern, die sich neben einen setzten und einem noch erzählen wie krank sie sind.
Der letzten Dame warf ich ein empörtes:“Geht’s noch?!“ zu und setzte mich weg. Ihr Blick zeigte dass sie es nicht verstand.
Menschen, die eigentlich 2 Sitze brauchen, die sich neben einen quetschen, so dass man Körperkontakt hat, will man sich nicht an die Wand der S-Bahn quetschen.
Die, die die Beine immer so breit machen, dass sie einen unbedingt am Bein berühren müssen.
Das macht mich aggressiv. Natürlich bleib ich äußerlich ganz cool. Wahrscheinlich will der nur, dass man (frau) sich aufregt und dann geht ihm noch einer ab. Also lieber so tun, als würde man es nicht merken… und innerlich rammt man dem Nachbarn ein Messer in den Oberschenkel und dreht es langsam nochmal um – da könnte ich explodieren.
Wie gut, dass Winter ist, da hab ich immer noch eine lange Strumpfhose drunter…man weiß ja nie, was der Zugfahrtag so bringt.
Nach 2 Monaten gab ich auf und fand die beste Lösung. Ich stehe so früh auf, wie zu der Zeit, des Zugfahrens und fahre mit dem Auto. Wir, wir fahren mit dem Auto, mein Kaffee und ich. Der, der mich tröstet, mit seinem warmen sanften Geschmack, mich von innen wärmt, wenn der Verkehr mal wieder stockt. Mittags fahre ich dementsprechend 30 Minuten früher los – und steh trotzdem öfter noch im Stau. Aber kein Vergleich, wenn man erst um 16:30 Uhr fährt.
So geht’s eigentlich.
Und sollte ich wieder mal total genervt sein, vom Auto fahren… dann kauf ich mir eine Zugfahrkarte ….und mein Lieblings-Coffe to go Becher wartet, bis ich wieder zurück komme 🙂
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